Es ist der dritte Oktober. Es ist Feiertag und es ist sehr still. Kaum ein Auto fährt die Straße hoch.
Zeit, sich zu bedenken.
Auch in mir weckt der Begriff "Zone" keine guten Gefühle. Mit ihm wurde, durchaus abwertend gemeint, jener Teil des zerrissenen deutschen Landes bezeichnet, in dem ich aufwuchs. Dabei waren wir durchaus stolz darauf, Deutsche zu sein. Die Mehrzahl der Menschen, die hier lebte, hoffte auf einen Tag, an dem es wieder ein deutsches Land geben würde. Die Mehrzahl der Menschen, die hier lebten, hofften, das jene Soldaten, die durchaus als Besatzer gesehen wurden, wieder verschwinden würden.
"Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben, an deines Volkes Auferstehn…"
Es stimmt wohl, das die westlichen Länder durch den "Beitritt" der damaligen, nun endlich freien, DDR einen immensen Aufschwung erfuhren. Man hatte einen neuen, sehr ungesättigten Markt und man konnte, mit Hilfe der Treuhand, sich lästige Konkurrenz vom Hals schaffen.
Damals saß bei mir eine Mitstreiterin Martin Luther Kings, Emilia Boynton Jones. Sie war eine alte, aber sehr kluge und weltgewandte Dame. Wir unterhielten uns über ihre Erfahrungen und plötzlich meinte sie, das wir, hier, im Osten, sehr aufpassen sollten, damit wir nicht zu den Negern des neuen Deutschland würden. Der Satz ist mir lange nachgegangen und ich denke, das es weitgehend so gekommen ist. Freilich nicht für mich, der ich kaum negative Erfahrungen machen musste. Aber für unzählige andere.
Ja, es ist ein sehr stiller Feiertag. Das ist, so denke ich, gut so. Wir können dankbar sein für die Einheit unseres Vaterlandes. Aber wir sollten den Preis nicht vergessen und der hat nichts mit dem "Soli" oder anderen finanziellen dingen zu tun.
Gert