Die Eulen sind schon von Altersher ein mystischer Vogel.
Sie kommt im Märchen von jeher als Hexenvogel vor,
ist Überbringerin von Botschaften schon in Macbeth aber auch noch bei Harry Potter.
Die Eule gilt im Aberglauben als dämonischer Vogel.
In Italien glaubte man sogar daran, dass ihr Blick töten könne,
das Phantastische haftet ihr also an
Bereits im antiken Griechenland galt der Ruf der Eule als schlechtes Vorzeichen. Im Alten Testament erscheint sie als Bild stattgehabter Zerstörung (Ps 102,7, Jes 13,2, Zef 2,14).
Am Tag ist die Eule selten zu sehen. Geschieht das trotzdem und ist sogar ihr Ruf tagsüber zu hören, dann wird es Seuchen oder eine Feuersbrunst geben. Im Isergebirge weist ihr Erscheinen am helllichten Tag nur auf Regen hin.
Unglück bedeutete es auch, wenn dem Brautpaar auf dem Weg zur Kirche eine Eule entgegengebracht wird. Ein ebenfalls weit verbreiteter Aberglaube war, dass der Ruf der Eule den Tod ankündige.
Der Aberglaube an die Eule als Todesbote lässt sich auch bei Shakespeare finden. In seinem Drama "Julius Cäsar" kündigt Eulengeschrei den Mord an.
Und gestern saß der Vogel
Der Nacht sogar am Mittag auf dem Markte
Und kreischt' und schrie.
Und auch Lady Macbeth hört im Drama Macbeth die Eule, während ihr Mann den rechtmäßigen König ermordet:
- Still, horch! -
Die Eule war's, die schrie, der traur'ge Wächter,
Die gräßlich gute Nacht wünscht.
Eulen als Glücksbringer
Aberglaube ist häufig regional unterschiedlich; so gibt es einige Regionen, in denen das Eulengeschrei nicht den Tod, sondern die Geburt eines Kindes ankündigen.
Glück soll es auch bringen, wenn sich eine Eule in den Taubenschlag flüchtet.
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Die weise Eule
Historisch lässt sich das klar auf die griechische Mythologie zurückführen.
Die Eule war das Begleittier der Göttin Athene, und Athene
war nun mal nicht nur Schutzgöttin der Stadt Athen, sondern auch die Göttin der Weisheit.
Auf den alten griechischen Silbermünzen war deshalb auf der einen Seite ein Bild der Athene eingeprägt, auf der anderen das einer Eule. Und von diesen Münzen waren in Athen ziemlich viele in Umlauf. Daher die Redewendung „Eulen nach Athen tragen“ als Ausdruck für einen überflüssigen Vorgang – weil es in Athen schon so viele Eulen in Form von Münzen und Statuen gab.
Trotzdem stellt natürlich die Frage, warum die Eule – und nicht ein Esel oder eine Eidechse? Irgendetwas muss die Eule an sich gehabt haben, was es nahelegte, ausgerechnet sie mit der Weisheitsgöttin in Verbindung zu bringen. Vermutlich war dieses Tier eine gute Projektionsfläche: Die Eule mit ihrem ruhigen, beobachtenden, melancholisch-abgeklärten Blick wirkt nun mal weiser als eine Möwe oder ein Moorhuhn. Hinzu kam aber auch, dass die Göttin Athene von Homer als „eulenäugig“ beschrieben wird, wobei sich die Gelehrten nicht ganz einig sind, was Homer damit sagen wollte: ob Athene einfach schöne große Augen hat, oder ob sie Dinge sieht, die sich im Dunklen abspielen. Auch das hat ja im übertragenen Sinn etwas mit Weisheit zu tun: Dinge sehen, die andere nicht sehen, weil sie sich im Dunklen, im Verborgenen abspielen.
Gilt sie denn überall in der Welt als weise?
Das ist eine griechische Besonderheit. Um das festzustellen, müssen wir nur an unsere eigene Sprache denken. Denn zu den Eulen gehört ja auch der Kauz, und die Eulenart, die mit der Athene in Verbindung gebracht wird, ist ja streng genommen der Steinkauz. Im Deutschen bezeichnet man als Kauz aber eher einen etwas eigenwilligen spinnerten Sonderling – nicht gerade der Inbegriff der Weisheit.
Letztlich sind das natürlich ohnehin alles Projektionen, denn rein zoologisch betrachtet sind Eulen auch nicht intelligenter als die meisten anderen Vögel. Aber Mythen sind ja recht langlebig, und als der Euro eingeführt wurde, haben die Griechen ihre 1-Euro-Münzen wie in der Antike mit dem alten Motiv der Eule versehen. Der finanz- und haushaltspolitischen Weisheit hat das, wie wir wissen, nichts genützt. Deshalb – Ironie der Geschichte – tragen wir ja heute „Euro nach Athen“, und damit indirekt auch wieder Eulen; zumindest wenn es sich um griechische Euro-Münzen handelt.AUTOR/IN
© Gábor Paál bei SWR Wissen