Immer wieder beim Altstadtglonkere gern gesungen: Das Wangemer Anelied
Seit mehr als acht Jahrzehnten wird es zur Fasnet gesungen: das Wangemer Anelied. Doch wo sind seine Wurzeln? Wo kommt es her? Seine Ursprünge sind gut dokumentiert - und seit 2020 sogar teilweise in einem Filmausschnitt nachvollziehbar. Eine Spurensuche.
Wie eng die Fasnet mit dem Karneval verbunden ist, zeigt ein Blick in die Chronik der Wangemer Narrenzunft: Ein Elferrat entschied 1937, zwei Jahre nach der Gründung der Wangemer Narrenzunft, über den ausgeschriebenen Wettbewerb um ein eigenes Fasnetslied. „Und zudem gab es in Wangen zwischen 1935 und 1939 einen Prinz Karneval“, erzählt Narrenzunft-Archivar Uli Müller. Genauer gesagt waren die Prinzen dreimal männlich, einmal weiblich - als „Prinzessin“ wurde sie nicht tituliert. Parallelen zu heute gibt es laut Müller in einem Punkt: „Wie heute der Narrenvater hatten damals auch die Prinzen einen berufsbedingten Zusatz, wie beispielsweise ,Prinz Karneval von Zahnen', beruflich eine Zahnärztin.“
Kurz und gut: Der Elferrat hatte sich im Herbst 1937 mit zwei Vorschlägen aus einem Preisausschreiben auseinanderzusetzen. Einer kam vom Wangener Musikdirektor Hierlemann auf der Basis des bekannten Volksliedes „Auf'm Wasa graset d' Hasa“. Zum Siegerlied wurde allerdings der Vorschlag von Klara Grabherr gekürt. Sie entstammte der ehemaligen Schreinerei an der Klosterbergstraße und einer Familie, die über drei Generationen hinweg überwiegend närrisch aktiv gewesen ist. Grabherr baute auf den deutschlandweit bekannten, aber besonders in Köln gerne gesungenen Gassenhauer „Male war in Afrika“. Auf ihn textete sie das heute noch im Original gesungene „Ane, Ane, isch dia Wang'mer Fasnet schee“. Und sie fügte den sechs Strophen noch ein „Heidideldum!“ hinzu. Im Übrigen ist die Wangener Narrenzunft nicht die einzige Zunft, die auf den alten Gassenhauer setzt. In Furtwangen singt man den „Furtwangener Male-Walzer“, ebenfalls in sechs Strophen und zur selben Melodie.
Dass das Wangemer Anelied bereits in der Fasnet 1938 gesungen wurde, dafür gibt es sogar einen Beleg. „In den 30er-Jahren beauftragte die Zunft den Wangener Filmer Reinhold Wahler, die jeweilige Fasnet festzuhalten.“ Das tat Wahler auch am Fasnetsmontag 1938. Über das Stadtarchiv und Peter Karrer vom Schmalfilmclub, der den alten Stummfilm-Streifen bearbeitete, kam er 2020 auch zu Uli Müller - und auf Youtube.
Darin ist nicht nur zu sehen, wie die damals ins „Schwabenalter“ gekommenen 40-Jährigen von den Wangener Metzgern auf dem Wangener Marktplatz im Wasserbassin „geteert und gefedert“ wurden, gezeigt wird auch, wie die Menschen schunkelten und sangen. „Von den Lippen ist eindeutig das ,Ane, ane' und ,schee' abzulesen“, erzählt Müller. Vermutlich dachte damals noch niemand, dass es nur noch die Fasnet 1939 geben und danach eine zehnjährige „Fasnets-Sabbatzeit“ entstehen wird.
1949 waren dann, mit Genehmigung der französischen Besatzer, die ersten Kinderumzüge, 1955 laut Müller der „erste, reguläre Umzug“, bei dem der Zunftrat im Häs unterwegs gewesen ist. 1956 liefen dann auch die ersten „Holznarren“, sprich Schellennarren und Aneweible mit. „Sechs Masken waren das damals“, erinnert sich Müller. Davon gibt es nur noch eine: „Und eine im Archiv der Narrenzunft Weingarten.“ Obwohl die Wangemer Narrenzunft laut Müller „alles dafür getan hat, diese zu bekommen“, gaben die Narren aus der Welfenstadt das Original nicht heraus. Das Anelied wird die Wangemer aber weiter begleiten - und die Erkenntnis, dass die Fasnet „schee“ ist.
Jeder Tag an dem man nicht einmal gelacht hat ist ein verlorener Tag.
zuletzt bearbeitet 22.02.2022 07:52 |
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