in der heutigen Ausgabe der schwäbischen Zeitung ist
fast eine ganze Seite ein Artikel über die Rauhnächte,
einige Abschnitte daraus schreibe ich hier
den Rest könnt Ihr auf der schwäbischen dann nachlesen
nur leider verschwinden solche Artikel dann nach einiger Zeit im Untergrund.
Darum gebe ich hier ein paar Kostproben
Bild entfernt (keine Rechte)
Des Wotan wildes Heer tobt durch den Himmel. Zumindest stellte sich so der im 19. Jahrhundert lebende norwegische Maler Peter Nicolai Arbo das geisterhafte Treiben vor. (Foto: Jaques Lathion)
Noch bis 6. Januar: Zeit der Dämonen
Die Beschreibung wirkt dramatisch. Wildes Johlen, Getümmel und Getöse im Wald bei Birnau – unweit der Anhöhe, wo heute die bekannte barocke Wallfahrtskirche oberhalb des Bodenseeufers steht. Unablässig „O wehe! O wehe! Drauf! Hoho!“ wollen vier Männer an einem Abend Ende des Jahres 1538 gehört haben. Die Rede ist von einer Sturm- und Wetternacht, von grausigen Winden. Geister hätten daraufhin eine Wöchnerin aus dem Bett geholt und sie auf den See hinausgetragen. Am nächsten Morgen sei sie tot vor ihrem Haus gelegen.
Was ist geschehen? Die örtliche Sage deutet es nur an, als seien die richtigen Worte zu gefährlich, um sie auszusprechen. Offenbar muss aber das Wuotis-Heer getobt haben. In anderen deutschsprachigen Landstrichen kennt man es auch als das Wilde Heer oder die Wilde Jagd, eine Ansammlung wüster Geisterkrieger: Verdammte, die Unheil verheißen und mit Vorliebe zwischen den Jahren durch die Lüfte toben. Damit ist meist die Zeit zwischen dem Weihnachtstag und Heilige-Drei-König gemeint. Wenn das Tageslicht schwindet, beginnen die Rauhnächte, je nach Rechnung elf oder zwölf an der Zahl.
Womöglich hatten die Menschen Bilder im Kopf, wie sie heute düstere Fantasy-Filme über archaische Helden verheißen. Dazu passt auch der im deutschen Südwesten verbreitete Namen des Chef-Geistes der Wilden Jagd: Wuotis, besser als Wotan bekannt – oder wahlweise als Odin. Gemeint ist der germanische Göttervater, der in Walhall die gefallenen Krieger zu einem endlosen Gelage einlädt.
So wird etwa aus Veringenstadt, einem engen Ort im Laucherttal der Schwäbischen Alb, berichtet, wie er und sein Gefolge 1550 nächtens die Menschen verängstigte. Von den Gemäuern der verfallenen Burg sei die Horde herunter in die Gassen gezogen. Der Nachtwächter habe dann auf dem Marktplatz einen Krieger mit gespaltenem Schädel gefunden. Der arme Tropf sei von diesem Gespenst aufgefordert worden, ihm den Kopf wieder zusammenzubinden, damit er dem Wuotis-Heer folgen könne.
Interessant ist, wie präsent altgermanische Einflüsse aus der Welt von Göttern und Untoten bei den Altvorderen noch waren. Wiedergänger wurden tatsächlich gefürchtet. Als vor wenigen Jahren Archäologen die alte, ab dem 16. Jahrhundert genutzte Richtstätte des Bodensee-Klosters Reichenau untersuchten, stießen sie im Boden auf handfeste Spuren solcher Angst. Skeletten von Exekutierten war in der Grube der abgeschlagene Kopf zu Füßen gelegt worden. Wo er eigentlich hingehörte, lag ein Backstein. Der Klotz sollte verhindern, dass ein Toter seinen Kopf wieder aufsetzt und durch die Gegend spukt.
alte Zeitrechnungen den Anstoß gaben: der mit einem einfachen Blick zum Nachthimmel erstellbare Mondkalender, wohl auch von den Germanen genutzt.
Die Crux mit dem Mondkalender
Er kennt aber nur 354 Tage. Ein Problem. Anders als später übliche Sonnenkalender wie das bis heute genutzte gregorianische System bildet die Mondrechnung das tatsächliche Jahr unvollständig ab. Es tut sich eine Zeitenlücke von elf Tagen und zwölf Nächten auf. Deshalb verrutschen beim Mondjahr die Monate im Jahreslauf ständig – höchstens man baut Schalttage ein.
Bei ihnen handelt es sich laut Mythologie „um Tage außerhalb der Zeit“ – oder um „tote Tage“. Womit praktisch das Tor zum Reich unheimlicher Mächte aufgestoßen ist. Ehedem schien es wohl gefüllt zu sein. Als besonders gefürchtetes Ungeheuer galt der Werwolf, ein Mensch, der sich durch einen Teufelspakt in einen Wolf verwandeln kann und dann über seine Umwelt herfällt. Wie sich dies die Altvorderen vorstellten, zeigt ein Holzschnitt des fränkischen Künstlers Lucas Cranach aus dem Jahr 1512: Die Bestie zerfleischt mit großer Lust eine ganze Bauernfamilie.
Rückgriff auf Feiern der Germanen
Dass die ganz besondere Schreckenszeit der Rauhnächte wiederum ausgerechnet in der Weihnachtszeit liegt, verknüpfen Wissenschaftler mit der Wintersonnenwende, dem niedrigsten mittäglichen Sonnenstand. In Mitteleuropa ist dies gegenwärtig der 20. oder 21. Dezember.
Für die Wintersonnenwende gibt es Hinweise auf Feiern der alten Germanen. Aufgefundene Kalenderstäben mit Runenzeichen sind ein Indiz dafür. Von einem Julfest ist die Rede. Völkische Kreise im deutschsprachigen Raum sind im 19. Jahrhundert dankbar auf solche Spuren gestoßen. Noch heute ist es für sie der Grund für ein Trinkgelage. Auch Neuheiden, die sich aktuell den einstigen Götterglauben zu eigen gemacht haben, frönen dem Fest. Dahinter verbirgt sich die Auffassung, dass Weihnachten nur eine christliche Überlagerung des germanischen Julfestes sei. Eine abschließende wissenschaftliche Klärung dieser Frage fehlt aber noch.