Am Stammtisch im Vereinslokal treffen sich, wie jeden Samstag alle sechzehn Mitspieler der Altherrenmannschaft, des hiesigen Fussballclubs. Es wird über das letzte Spiel, den Schiedsrichter, die Rasenverhältnisse und über den derzeitigen Tabellenstand diskutiert. Es wird gelacht, getrunken und natürlich auch, wie es unter Männern so ist, über die Frauen gesprochen.
Zu später Stunde erhebt sich einer, der schon sehr angetrunkenen Stammtischbrüder, legt die Hände flach auf den großen runden Tisch und erklärt lallend: "In einer Zeitschrift habe ich gelesen, dass man keiner Frau, die über dreißig ist und braune Augen hat, trauen darf, sie sind angeblich hinterlistig und heimtückisch."
Alle am Tisch lachen, die meisten winken nur ab oder äußern sich kopfschüttelnd mit den Worten: "Alles Spinner, diese Zeitungsschreiber, oder "alles Unfug und dummes Zeug."
Einer jedoch, auch bereits leicht schwankend, blickt erschrocken auf, kratzt sich hinter den Ohren und meint dann: "Ich bin seit zwölf Jahren verheiratet, meine Frau ist vierunddreißig, ich weiß bis heute nicht, welche Augenfarbe sie hat, aber das will ich jetzt sofort wissen."
Er springt auf, torkelt, ohne sich von seinen Kameraden zu verabschieden, aus dem Lokal.
Nach zehn Minuten hat er sein Haus erreicht, schließt leise die Tür auf und schleicht ins Schlafzimmer. Vorsichtig knipst er die Nachttischlampe an, seine Frau schläft. Ganz behutsam, damit sie nicht wach wird, zieht er ihr mit Daumen und Zeigefinger ein Augenlid hoch.
"Verdammt noch mal - braun - das darf doch nicht wahr sein," ruft er entsetzt und hockt sich auf die Bettkante.
Sekundenlang Stille, dann plötzlich raschelt es unter dem Bett und die ängstlich zitternde Stimme seines alten Freundes Leopold Braun fragt: "Woher in aller Welt weißt Du, dass ich hier bin?"
© Horst Rehmann