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Der getötete Auerhahn galt auf dem Feldberg als Attraktion. Foto: Hubertus Ulsamer, NAZ
Richter André Gerber dreht den Monitor der Gerichtsprotokollantin in Richtung des Publikums, um ihm und den Verfahrensbeteiligten Videoclips vorzuführen. Darin zu sehen sind die beiden Angeklagten Ferdinand I.*, 21, und Benedikt B*, 23, am Nachmittag der ihnen vorgeworfenen Tat. Die beiden sind unterhalb des Feldberg-Gipfels, sie tragen Hüte und kurze Lederhosen. I. filmt mit seinem Handy, die Kamera hält er auf seinem ermattet auf der Wiese liegenden Kumpel. Die Sonne scheint, das Wetter ist traumhaft an diesem 10. August 2019. Man sieht den beiden an, dass sie schon einige Stunden mit Bier, Schnaps und Wodka auf dem Buckel haben. Seit dem Vormittag sind sie im Pulk rund um den Feldberg von Hütte zu Hütte gewandert. An diesem Tag wird dort das traditionelle Laurentiusfest gefeiert, zu dem inzwischen mehrere tausend Menschen kommen, um auf der Schwarzwaldhöhe bei Blasmusik ordentlich einen auf Ballermann zu machen. "Wir hatten Mordsspaß, das war eine tolle Gaudi", sagt Ferdinand I. vor Gericht. Kurz nach dem Videodreh werden die beiden bergabwärts marschieren, Benedikt B. wird irgendwann den Abhang einfach herunterkullern, wie es Augenzeugen berichten.
(Un-)Vereinbarkeit von Dorffestkultur und Artenschutz
Diese Gaudi wird wenig später allerdings ein jähes Ende finden: Ferdinand I. wird – ob in Notwehr oder mit Absicht, das muss das Amtsgericht Titisee-Neustadt nun klären – einen der vom Aussterben bedrohten Auerhähne erschlagen und es mit der Tat in trunkenem Zustand bis in die "New York Times" schaffen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Tötung eines Tieres im Fall von I. und Verstoß gegen das Naturschutzgesetz.
Das Verfahren um den Tod des Auerhahns fördert mehrere Problematiken zutage: Zum einen geht es um die klassische Konstellation Aussage gegen Aussage und die Frage, wer nun die Wahrheit sagt und wer sich die Dinge zurechtlegt, falsch erinnert oder schlichtweg lügt. Und es geht um die (Un-)Vereinbarkeit von Dorffestkultur auf der einen und Natur- und Artenschutz auf der anderen Seite. So schildern gleich mehrere Zeugen empört, wie sie am Tattag Festbesucher auf Kuhweiden herumstapfen und verängstigte Tiere gesehen haben.
Vermutlich von demselben Auerhahn wird im Gerichtssaal ein Video vom Vormittag desselben Tages gezeigt, auf dem angetrunkene Festbesucher das Tier foppen und schikanieren. Die Angeklagten behaupten, nicht gewusst zu haben, dass es sich um ein Naturschutzgebiet gehandelt habe und dass sie die Wiese nicht hätten betreten dürfen. "Wir hatten keine Ahnung, wo wir lang mussten", sagt I. hier weiter lesen >
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