Wenn der betroffene Patient seine Daten einsehen und verwalten möchte, kann er einen Vertreter mit Smartphone dazu berechtigen, der dann Zugriff auf die App bekommt – etwa ein Familienmitglied. Seit vergangenem Jahr ist zudem die Nutzung über einen stationären PC möglich.
Was passiert mit bisherigen medizinischen Befunden?
Versicherte können alte Papierdokumente einscannen oder abfotografieren und in der Patientenakte abspeichern. Auch sollen sie Anspruch darauf bekommen, dass ihre Krankenkasse diese Aufgabe für sie übernimmt. Der Anspruch kann dem Gesetzentwurf zufolge zweimal innerhalb von zwei Jahren geltend gemacht werden und ist pro Antrag auf zehn Dokumente begrenzt.
Die Kassen sind von dem Mehraufwand wenig begeistert: „Das wäre ein Papierstapelproduktionsprojekt und keine moderne Digitalisierung“, kritisiert ein Sprecher des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Wenn nur zehn Prozent der gesetzlich Versicherten diese Möglichkeit nutzten, dann würden sie 146 Millionen Papierdokumente von A nach B tragen oder schicken, heißt es.
Werden die Gesundheitsdaten der Patienten weitergegeben?
Das Bundesgesundheitsministerium plant die Weitergabe von pseudonymisierten Gesundheitsdaten an die Forschung sowie forschende Industrie. Hierzu hat Lauterbach einen Entwurf für das sogenannte Gesundheitsdatennutzungsgesetz vorgelegt, das noch nicht im Kabinett abgestimmt ist. Die Nutzung der Daten soll beim Forschungsdatenzentrum des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte beantragt werden können.
Die Daten sollen unter anderem von den Krankenkassen, dem Krebsregister und von der elektronischen Patientenakte stammen. Auch in diesem Fall können die Versicherten mittels Opt-Out widersprechen. Ziel ist es zu verhindern, dass Deutschland als Forschungsstandort weiter zurückfällt und Pharmaunternehmen wie Biontech ihre Arbeit in andere Länder verlegen.
Der GKV-Spitzenverband begrüßt, dass die Nutzung der Daten zweckgebunden sein soll. Es sei derzeit aber noch „zu ungenau ausgestaltet, wie eine Gemeinwohlorientierung dieses Zwecks gewährleistet werden kann“, warnt ein Sprecher.
Werden aus den Daten auch Rückschlüsse auf einzelne Patienten gezogen?
Grundsätzlich nein, die Daten sind pseudonymisiert. Die Gesetzespläne sehen aber vor, dass Kranken- und Pflegekassen Auswertungen der ihnen vorliegenden Daten durchführen dürfen, um den „Gesundheitsschutz“ ihrer Versicherten zu verbessern. So können sie künftig ihre Mitglieder individuell ansprechen und sie zum Beispiel auf drohende Krankheitsbilder hinweisen.
In Israel wird dies bereits praktiziert: Zu Corona-Zeiten schrieben die Kassen etwa diejenigen Versicherten an, die aufgrund ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen zur Corona-Risikogruppe gehören. Den Betroffenen wurde dann vorgeschlagen, das Medikament Paxlovid einzunehmen.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hält die Pläne für „nur gruselig“. „Diagnosen können nur durch Ärztinnen und Ärzte gestellt werden, die ihre Patientinnen und Patienten kennen und ein ganzheitliches Bild von ihnen haben“, sagte ein Sprecher WELT. Es dürften keine „falschen Ängste geschürt werden“. Auch der Hausärzteverband argumentiert, es sei „alarmierend“, dass Krankenkassen zukünftig auf Grundlage von Versichertendaten Warnungen an Patienten ausspielen können sollen.
Wann soll das E-Rezept flächendeckend genutzt werden?
Das E-Rezept soll das ausgedruckte Rezept perspektivisch vollständig ersetzen. Stattdessen erhalten Patienten vom Arzt digital per App einen QR-Code. Die Einführung des E-Rezepts hat sich in der Vergangenheit immer wieder wegen datenschutzrechtlicher und technischer Probleme verzögert.
Nach den Plänen des Gesundheitsministeriums sollen die Ärzte nun ab dem 1. Januar 2024 verpflichtet werden, für verschreibungspflichtige Arzneimittel E-Rezepte auszustellen. Denjenigen, die die Umstellung des Systems bis dahin nicht nachweisen können, soll die Vergütung ihrer vertragsärztlichen Leistungen pauschal um ein Prozent gekürzt werden.
Gibt es beim E-Rezept die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen?
Nein, die bisherigen Rezepte werden abgeschafft. Wer die App nicht nutzen möchte oder kein Smartphone hat, kann den QR-Code ausgedruckt bekommen oder seine elektronische Gesundheitskarte für die Einlösung des Rezepts nutzen.