Ja, Ihr Lieben,
ich bin in der Uckermark geboren und die gehörte zum Osten.
Dennoch hatte ich immer das Gefühl, das die Menschen hier mehr und stärker an Deutschland, als Ganzem, festgehalten haben, als im Westen.
Aber dieses Gefühl wurde, lange zeit, überschattet von dem Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefert seins. Wir waren von den Russen besetzt. Allen Beteuerungen der Freundschaft zwischen den "Brudervölkern" zum Trotz und auch trotz des Mitleids, das wir mit den armen russischen Muschkoten hatten, haben wir den Druck der Besetzung deutlich gespürt.
Manchmal schlug das auch in Hass um und dann hing ein Russe auch schon mal in Frankfurt Oder auf einem Eisenzaun.
Dem zum Trotz sangen wir auch das Deutschlandlied. Es war zwar verboten, aber das interessierte nicht. Uns hat es unser Pfarrer beigebracht.
Nicht wenige von meinen Klassenkameraden hatten Familienmitglieder im Osten, der verloren war, verloren.
Nicht wenige wussten um das, was Russen den Frauen ihrer Familien angetan hatten.
Meine Mutter, die als Zivilgefangene hinter der Front hatte schuften müssen, brachte mir jene Verse bei, die Fichte fälschlich zugeschrieben werden:
Du sollst an Deutschland Zukunft glauben.
An deines Volkes Auferstehn.
Lass diesen Glauben dir nicht rauben, trotz allem, allem, was geschehn.
Und handeln sollst du so, als hinge von dir und deinem Tun allein,
das Schicksal ab der deutschen Dinge
und die Verantwortung wär dein.
Als dann die Menschen auf die Straßen gingen und riefen "Wir sind das Volk!" und als aus diesem Ruf der Ruf wurde: "Wir sind EIN Volk!", da wusste ich, das alles Hoffen nicht vergeblich war. Damals bin ich sehr bereitwillig in die Politik gegangen, um eben das Schicksal der deutschen Dinge mit zu gestalten.
Aus der Euphorie des Anfangs wurde ein politisches Versagen sondergleichen, gesteuert von Gier, von Feigheit und von dem Wunsch einiger, schnell zu einer Ordnung zu finden, die den Menschen, der etwas gestalten will, träge macht und ausschaltet.
Deutschland?
Ich bin stolz, Deutscher zu sein, trotz allem, allem, was geschehn.
Gert