Osterbräuche: Wie das Lamm ins Nest kam
Bild entfernt (keine Rechte)
Die süße und deftige Ostertradition hat ihren Ursprung im Alten Testament
Ein süßes Osterlamm gehört bei vielen Familien einfach zum Fest dazu. Erst steht es in voller Pracht auf dem Tisch, und dann wird es, entweder vom Gesäß, oder vom Kopf aus nach und nach verzehrt. In zahlreichen Haushalten gibt es auch ein echtes Lamm zum Festmahl. Doch woher kommt diese Tradition?
„Agnus Dei“ heißt es in Latein, „Lamm Gottes“ auf Deutsch. Christen sprechen oder singen diese zwei Wörter regelmäßig in Gottesdiensten. Und an Ostern, dem höchsten christlichen Fest, steht ein Osterlamm bei vielen Familien auf dem Tisch – ein gebackenes oder auch ein geschlachtetes, echtes Lamm.
Diese Tradition geht auf das Judentum zurück, wie Domkapitular Prof. Dr. Peter Wünsche vom Erzbistum Bamberg erläutert. So wurde in „Exodus“, dem zweiten Buch Mose im Alten Testament, der Auszug Israels aus Ägypten beschrieben. Der Pharao will die Israeliten nicht aus der Sklaverei wegziehen lassen.
„Da greift Gott mit zehn Plagen ein, die er über die Ägypter bringt. Die letzte und heftigste ist, dass Gott in jedem Haus den erstgeborenen Sohn tötet“, berichtet Wünsche. Damit die Israeliten jedoch geschützt sind, sollen sie einen Ritus vollziehen: Sie bekommen den Auftrag, ein einjähriges Lamm zu schlachten. Mit dem Blut sollen sie die Türpfosten und den Türsturz bestreichen und das Lamm braten und essen. An den blutbestrichenen Türpfosten erkennt Gott die Angehörigen seines Volks und verschont sie, wie es im zwölften Kapitel des Buches „Exodus“ heißt.
Das Lamm als Opfer
Es bleibt jedoch nicht bei diesem einmaligen Ritus. Er soll jährlich wiederholt werden, erklärt Wünsche, und so entstand das Pessach- oder Paschafest. „Mit der Zeit gab es eine leichte Umdeutung: Das Lamm wurde als Opfer verstanden, es durfte nur in Jerusalem im Tempel geschlachtet werden, somit wurde Pessach zum Wallfahrtsfest – das ist es auch zur Zeit Jesu“, sagt der Theologe. Wie es in den Evangelien des Neuen Testaments beschrieben wurde, starb Jesus in engem zeitlichen Zusammenhang mit einem Pessachfest. nd aus der zeitlichen Verbindung wurde dann eine inhaltliche. „Das Pessachlamm half den frühen Christen dabei, das Geschehen um den Tod Jesu zu verstehen“, sagt Wünsche. „Wie das unschuldige Lamm sein Leben hingibt, um das Leben der Söhne Israels zu retten, so gibt Jesus sein Leben für das Leben der Menschen hin.“ Die frühen Christen bezeichnen daher Jesus auch mit dem Titel „Lamm Gottes“, wie es laut biblischer Überlieferung auch schon Johannes der Täufer tat.
So wurde der „Agnus Dei“-Ruf schon in der Spätantike ein Bestandteil des Gottesdienstes. Vor allem als Begleitgesang zur Brotbrechung in der Messfeier wird er bis heute in den christlichen Kirchen verwendet.
Auch auf vielen christlichen Kunstwerken ist im Zusammenhang mit der Kreuzigung Jesu ein Lamm zu sehen. Eine der bekanntesten Darstellungen ist der Isenheimer Altar, der im Museum Unterlinden im elsässischen Colmar in drei Teilen ausgestellt ist.
Die Juden feiern Pessach bis heute als Erinnerung an die Befreiung aus Ägypten. Dabei essen sie aber kein Lamm mehr, weil sie es nicht im Tempel schlachten können. Dieser wurde im Jahr 70 nach Christus zerstört und seither nicht wieder aufgebaut. Übrig geblieben ist nur noch eine Mauer der ursprünglichen Tempelanlage. Als Klagemauer ist sie weltberühmt und das größte Heiligtum der Juden.
Gebraten oder gebacken
In vielen Ländern mit christlicher Tradition, wie zum Beispiel Deutschland, ist es dagegen bis heute ein Brauch oder eine liebgewonnene Gewohnheit, an Ostern ein Lamm zu braten. Gerade am ersten Feiertag, dem Ostersonntag, an dem Christen die Auferstehung von Jesus feiern, wird gerne das zarte Fleisch verzehrt.
Außerdem hat sich die nicht so teure, vegetarische Variante durchgesetzt. Aus meist süßem Brotteig oder Biskuitteig werden um Ostern herum Lämmer gebacken, verschenkt und gegessen. Und so steht beziehungsweise liegt oft ein Lämmchen neben den Ostereiern und -hasen. „Möglicherweise ist auch der Osterhase aus einem missglückten gemalten oder gebackenem Lamm entstanden“, erklärt Wünsche, fügt aber gleich hinzu, dass „das nur eine von vielen Theorien“ sei.
Sebastian Heise